Worum geht es?

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, hat am 27. Februar 2023 im Rahmen einer Pressekonferenz die Eckpunkte seines Vorhabens für mehr Kinderschutz in der Werbung vorgestellt:

An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt wird nicht mehr erlaubt. Die Beurteilung eines hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehaltes soll sich an den Anforderungen des Nährwertprofilmodells der Weltgesundheitsorganisation orientieren.

Die Pläne stehen auf der Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter folgendem Link zur Verfügung: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/kita-und-schule/lebensmittelwerbung-kinder.html  

 

Vorlage geht weit über Koalitionsvertrag hinaus

Schaut man sich die Formulierung des BMEL genauer an, stellt man fest, dass es sich um ein umfangreiches Werbeverbot für den Großteil aller Lebensmittel handelt. Denn konkret heißt es in der Pressemitteilung:

„Zudem soll Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt nicht mehr zulässig sein, wenn sie Kinder zwar nicht nach Art, Inhalt oder Gestaltung, jedoch aufgrund des Werbeumfeldes oder des sonstigen Kontextes adressiert, d. h. wenn sie zwischen 6 und 22 Uhr betrieben und damit bewusst in Kauf genommen wird, dass sie regelmäßig insbesondere auch von Kindern wahrgenommen wird bzw. wahrgenommen werden kann.“  (https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/024-lebensmittelwerbung-kinder.html)

Als Kinder werden alle unter 14-Jährigen definiert. Die Regelung umfasst alle für Kinder relevanten Medien, darunter auch Influencermarketing.

Diese Vorlage geht aber weit über den von der Koalition abgeschlossenen Vertrag hinaus. Denn im Vertrag von SPD, Grünen und FDP steht ausdrücklich:

„An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben.“ (Koalitionsvertrag)

 

Und wo ist das Problem?

In der Vorlage des BMEL geht es nicht mehr nur um Werbung, die sich an Kinder richtet oder Werbung für sogenannte Kinderlebensmittel, sondern um ein komplettes Werbeverbot für ca. 70 Prozent aller Lebensmittel, also z. B. auch Gouda, Schinkenwurst, Marmelade, Brezeln, Müsli, Backmischungen, Olivenöl, Butter oder Mandelmus. 

Das Werbeverbot soll im Fernsehen werktags von 17 bis 22 Uhr, samstags von 8 bis 11 und 17 bis 22 Uhr sowie sonntags von 8 bis 22 Uhr gelten.

Damit dürfte auch in Formaten, die sich nicht nur an Kinder richten, sondern Inhalte für Jung und Alt zeigen, wie beispielsweise Entertainment- oder Sportshows, keine Werbung für die betroffenen Lebensmittel ausgestrahlt werden! Auch die Plakatwerbung soll im Umkreis von Schulen und Kitas untersagt werden. 

Werbeverbote können kindliches Übergewicht aber nicht verhindern: Sie stehen lediglich dem Erlernen eines vernünftigen und klugen Umgangs mit Werbung im Weg. Weiterführende Infos finden sie dazu hier.

Außerdem hätten die umfassenden Werbeverbote nicht nur gravierende negative Auswirkungen auf die ohnehin krisenbelasteten Medienanbieter, sondern auch auf die Informations-, Meinungs-, Presse- und Medienvielfalt in Deutschland. Weiterführende Infos finden sie dazu hier.