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Zusammenfassung des Live Talks der dfv Mediengruppe Bundesrepublik: Werbeverbote und Pressefreiheit

Werbeverbot als Stoppschild mit einer Hand und Ausrufezeichen

Gäste:

  • Thomas Hacker: Medienpolitiker der FDP im Ausschuss für Kultur und Medienpolitik
  • Dr. med. Dennis Ballwieser: Geschäftsführer beim Wort- und Bildverlag (Apothekenumschau)
  • Christoph Fiedler: Geschäftsführer des Medienverbandes freie Presse (MVFP), Professor Medienrecht und Rechtsanwalt
  • Sönke Reimers: Sprecher der dfv Geschäftsführung

 

Thema: Finanzielle Schädigung der Medien und dessen Schneeballeffekt

In privaten Medien werden Redakteure und Redaktion aus Werbeeinnahmen finanziert. Das Werbeverbot beschädigt die privaten Medien massiv, denn die Medien befinden sich ohnehin schon in einer finanziellen Krise. Durch einen möglichen Einnahmeverlust von 3 Milliarden Euro werden kleine, mittelständische Medienunternehmen Zugrunde gehen. Es gibt z.B. Zustellungsprobleme, kleine Tageszeitungen können nicht mehr zugestellt werden. Der Schneeballeffekt des Werbeeinnahmenverlusts kostet folglich Existenzen im Verlagswesen.

Das kann zum Wanken der pluralistischen Medienlandschaft führen. Reimers schaut mit großer Sorge auf die Entwicklung in der Politik:

Reimers: „Es gibt eine Korrelation zwischen dem Verschwinden von Tageszeitungsangeboten und Pressepluralität und der politischen Entwicklung in Ostdeutschland.“

„Wir brauchen keine Werbeverbote, wir brauchen Regelungen in anderen Bereichen.“

„Pressefreiheit heißt auch Werbefreiheit.“

„Wir brauchen die Deregulierung der freien Presse!“

 

Thema: Mediale Selbstverpflichtung

Ballwiesers Verlag hat sich eigenständig dazu entschlossen, gewisse Werbung nicht zu veröffentlichen: Bei der Apothekenumschau gibt es keine Werbung von ungesunden Lebensmitteln oder Alkohol. Dennoch bekräftigt er, dass es keine empirische Bestätigung der Kausalität zwischen Werbeausgaben und Fettleibigkeit von Kindern gibt. Werbungsveröffentlichung soll Regelungssache der Verlage sein, nach eigenen Prinzipien ohne staatliche Verordnung.

Auch in der Lebensmittelbranche gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung, z.B. die Senkung des Zuckeranteils, dazu gibt es erfolgreiche Fortschrittsberichte.

Ballwieser: „Wie bei der Einschränkung von Tabak in der Werbung wurde die gesellschaftliche Entscheidung gefällt, ob zuerst die Gesundheit bestimmter Bevölkerungsgruppen steht, oder der Markt. Diese Diskussion muss offen geführt werden.“

Reimers: „Wir brauchen keine Regelung von Politik an dieser Stelle. Sonst hätten wir keinen Pluralismus in den kleinen Verlagen bei Fachpresse und Zeitschriften.“

 

Thema: Wirksamkeit der Werbeverbote für Kinder

Die Vorlage der Ampelkoalition stand für eine Werbe-Regulierung, die sich an Kinder richtet. Dennoch ist die Begrenzung auf 100m Werbeverbot rund um Schule wohl kaum wirksam, denn Schulwege sind meist länger als 100m. Die Gesetzesvorlagen von Cem Özdemir wurden unverhältnismäßig ausgebaut.

Hacker: „Es ist das verkehrte Instrument an der verkehrten Stelle, um die Dickleibigkeit von Kindern anzugehen. Da müssten wir in der Bildungs- und Gesellschaftspolitik ganz andere Maßnahmen ergreifen.“

„Allerdings sind die Gesetzesvorlagen von Cem Özdemir weit über das Ziel hinausgeschossen.“

„Von 6:00-23:00 Uhr für 80% aller verarbeiteten Lebensmittel ein komplettes Werbeverbot einzurichten, ist sicherlich nicht gemeinsame Koalitionsmeinung.“

Die Abmilderung der Gesetzesvorlage wäre „ein Schritt in die richtige Richtung“.

 

Thema: Ungesunde Lebensmittel

Wie kommt es, dass Milch, Joghurt und Käse auch auf der schwarzen Liste stehen?

Es geht eigentlich nicht um diese Grundnahrungsmittel. Das Problem sind hochprozessierte Lebensmittel mit viel höherer Energiedichte, die seit 3, 4 Jahrzehnten zur Verfügung stehen und unkritisch aufgenommen werden. Produkte, die nicht dem Nährwertprofil entsprechen, hätten gekennzeichnet werden sollen. Der Versuch, eine verpflichtende klare Ampelkennzeichnung aller Lebensmittel zu gestalten, ist gescheitert. Der Nutriscore simuliert, was in den Supermärkten geleistet werden müsste. Politisch wird versucht, über eine breite Auslegung an einer anderen Stelle zu heilen, was dort nicht mehr zu heilen ist.

Ballwieser: „Es gibt keinen Ernährungsmediziner, der etwas gegen die Grundnahrungsmittel Milch, Butter, Ei, selbst Zucker in seiner Reinform (…) hat.“

„Wenn wir über Kindergesundheit reden, dann müssen wir das Thema gesellschaftlich viel breiter sehen.“

 

Thema: Kausalität Werbung und Fettleibigkeit bei Kindern:

Ist Werbung nicht wirksam? Wer wirbt verkauft mehr?

Die Werbewirksamkeit hat nicht mit der Fettleibigkeit der Kinder zu tun. Beispielsweise ging in Corona-Zeiten die Fettleibigkeit bei gleichbleibender Werbung nach oben.

Fiedler: „Ein Verbot von Werbung ist unsinnig. Es gibt keine beweisbare Kausalität zwischen Werbeausgaben und Übergewichtigkeit.“

„Die Werbung ist nicht dafür da, um dazu zu führen, dass man sein ganzes Geld für ein Produkt ausgibt, sondern dafür, dass man dieses Produkt einem anderen vorzieht.“

„Wir müssen unserer Kinder dazu erziehen, Reizen die nicht gut sind, widerstehen zu können“.

 

Fazit: Die Konsequenzen des Werbeverbots müssen wohl überlegt sein: Denn Einnahmequellen von Werbung für die Zeitungen und Fernsehsender erhalten und bewahren letztendlich auch unsere Meinungsvielfalt.

 

Die vollständige Diskussion kann unter

https://vimeo.com/843863983/a895152fb2?share=copy

abgerufen werden.

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